Zuhören interkulturell

Wie im Blog vom HR nachzulesen, (begleitet derzeit unser HR-Symphonieorchester) haben Chinesen während des Konzertes ein „anderes“ Zuhörverhalten. Selbst wenn Brahms gespielt wird, dann wird dabei gekichert, gegessen und geredet. Das ist chinesischen Zuhörern bei kulturellen Darbietungen. Wer war schon mal Gast bei einer chinesischen Oper? Irgendwie machen da immer alle mit, johlen, klatschen, essen und empfinden Kultur als totales Vergnügen. Wir sind bei Musikdarbietungen (klassischer oder ernster Musik) recht streng. Niemand käme auf die Idee ungeniert zwischen den Sätzen zu klatschen. Dagegen ist bei uns Oper schon richtig spontan, denn da wird (darf) zwischendurch applaudiert (werden).

Gestern hatte ich einen Besprechungstermin mit einem indischen Geschäftsmann. Wir bearbeiten derzeit gemeinsam ein Projekt, bzw. er ist mein Auftraggeber. Wir schätzen uns und kennen uns schonganz gut. Gestern bei der Besprechung klingelte sein Handy. Wer weiß schon, dass Inder mit Begeisterung – auch wenn sie beispielsweise als Vortragende vorne auf dem Podium stehen – sofort an das Handy gehen und lauthals (auch wenn sie vorne als Vortragende stehen!) beginnen zu telefonieren.

Die Zuhörer können eben solange warten. Ist das asiatische Geduld?? Als ich nach einer Weile andeutete, dass ich gehen werde, unterbrach er sein Gespräch und erklärte mir lachend: “Madam, Sie kennen uns doch, wer weiß, ob mir ein gutes Geschäft davon läuft wenn ich nicht ans Handy gehe“. Okay, ich kenne diese indische Mentalität ein wenig, bei Chinesen ist es fast genauso, dass zum dem Handy schon fast eine Liebesbeziehung besteht, also blieb ich geduldig (und im Tiefen meines Inneren amusiert).